Symphony Of Hearts von Khaleesi26 (Drabble-Woche) ================================================================================ Kapitel 1: Rettung ------------------ Als ich am Flughafen in Tokio landete war ich total erledigt. Ich wollte einfach nur noch nach Hause. „Kann dich leider nicht abholen, habe noch zu tun.“ – Izzy Ich schleckte an meinem Erdbeereis, das ich mir gerade gegönnt hatte. Verräter. Frustriert steckte ich mein Handy weg, um weiter nach einem Ausweg aus dieser Menschenmenge zu suchen. Gerade als ich den Arm heben wollte, um ein Taxi zu rufen, rempelte mich jemand im Vorbeigehen an. Mein Eis klatschte zu Boden. „Hey“, beschwerte ich mich, doch der blonde Typ mit Sonnenbrille, Lederjacke und einem Schal um den Hals, der bis unter die Nase gezogen war, ignorierte mich einfach und rannte weiter. Dicht gefolgt von mindestens zwanzig Mädels, die ihm kreischend hinterherliefen. War er etwa ein Filmstar oder so etwas? Scheißegal, ich war auf jeden Fall stinksauer, weil er sich nicht entschuldigt hatte. Endlich bekam ich ein Taxi. Erleichtert ließ ich mich auf die Rückbank sinken. Gerade, als ich dem Fahrer meine Adresse mitteilen wollte, öffnete sich die Hintertür erneut und niemand anderer als der schwarz gekleidete Mann schob sich ins Taxi. Warum war der eigentlich so vermummt? War er verrückt? Draußen waren es locker vierzig Grad! „Fahren Sie los!“, befahl er dem Taxifahrer, während hyperventilierende Mädchen an die Scheibe hämmerten. Der Fahrer drückte aufs Gas, während ich wie bekloppt dasaß und den Kerl anstarrte. „Sag mal, hast du nicht gecheckt, dass das mein Taxi ist? Ich war zuerst hier.“ „Doch, habe ich. Trotzdem danke für die Rettung“, antwortete er unbeeindruckt, während er sich den Schal abwickelte. Als er auch die Sonnenbrille abnahm und mich zwei eisblaue Augen ansahen, blieb mein Herz kurz stehen. „Matt?“ Er grinste. „Hey, Mimi.“ „Oh Gott, entschuldige. Ich habe dich gar nicht erkannt.“ – Und das kam anscheinend nicht oft vor. Denn Matt war inzwischen tatsächlich ein gefeierter Rockstar. Kapitel 2: Symphonie -------------------- Nachdem ich Matt nach 10 Jahren in einem Taxi wiederbegegnet war, musste ich pausenlos an ihn denken. Er erzählte mir, dass seine Musik inzwischen in England in den Charts lief, weshalb ich aus allen Wolken fiel. Nach der Schule war er fortgegangen und der Kontakt abgebrochen. Es war faszinierend zu sehen, was aus ihm geworden war. Berühmt. Gutaussehend. Begabt. Nach unserer gemeinsamen Taxifahrt, bei dem ich ihm auch erzählte, dass ich inzwischen in einem der bekanntesten Orchester der Stadt mitspielte, gingen wir getrennte Wege. Er hatte mir nicht mal seine Nummer gegeben, was mich irgendwie kränkte. Schließlich waren wir alte Freunde. Am Tag, als ich eine Symphonie am Piano begleiten sollte, hatte ich ein komisches Gefühl. Als würde gleich ein Hurrikan auf mich zukommen und mich vom Boden reißen. Und so war es dann auch… Ich spielte mich gerade ein, während die anderen Orchestermitglieder ihre Instrumente stimmten, als eine Person die Bühne betrat, die sofort alle Blicke auf sich zog. Meine Haut kribbelte. Shirt, Jeans, schwarze Stiefel, ein tätowierter Unterarm. Er passte genauso wenig hierher, wie ein Wolf in den Kaninchenstall. Alle starrten ihn an. Auch ich. Er grinste, als er mich sah. „Matt… was machst du hier?“ „Ich spiele die Gitarre.“ Natürlich, als wäre es das Normalste der Welt. „In… einem Symphonieorchester?“ Er zuckte mit den Schultern. „Rockmusik ist nicht alles in meinem Leben.“ Fasziniert betrachtete ich ihn. Es gab so viele Facetten, die ich nicht von ihm kannte. Aber ich wollte sie kennenlernen – alle! Mein Herz schlug mir bis zum Hals, während ich ihm dabei zusah, wie er seine Gitarre stimmte. „Hast du nach dem Konzert schon was vor?“, platzte es aus mir raus. Scheiße Mimi, bist du bescheuert? Jetzt denkt er, du stehst auf ihn. Grinsend drehte er sich zu mir um. „Nein, aber jetzt wahrscheinlich schon.“ Kapitel 3: Ängste ----------------- „Ich hatte keine Ahnung, dass du so wundervoll spielen kannst“, bewunderte ich Matt, der nach einem der vielen Konzerte, die wir inzwischen gespielt hatten, neben mir herlief. Es war eine Art Ritual geworden. Nach dem Auftritt holten wir uns ein Bier und gingen noch etwas spazieren, um runter zu kommen. „Ach, nein?“, hakte er belustigt nach und nahm einen Schluck. „Dann hast du mir früher nicht oft genug zugehört.“ Das stimmte. Früher hatte ich mich nicht für seine Musik interessiert. Wir waren zwar Freunde gewesen, aber wir teilten nicht viele Gemeinsamkeiten – zumindest dachte ich das immer. Ich spielte schon immer Klassik und er Rock, was ich damals verabscheute. „Du hast mir nie erzählt, dass du Klassik spielst.“ Seit Wochen schlichen wir um dieses Thema herum. Überhaupt erzählte Matt nicht besonders viel von sich. Dabei drängte ich darauf, mehr von ihm zu erfahren. Ich wollte diesen talentierten Mann kennenlernen, zu dem er geworden war. „Ich habe Klassik schon immer gemocht“, gestand er mir plötzlich. „Erst letztes Jahr habe ich mich dazu entschieden, damit auch auf der Bühne zu spielen.“ „Was sagen deine Fans dazu?“ „Die wissen es nicht. Ich gebe keine Interviews darüber und ich halte stets geheim, wo ich auftrete.“ Ich seufzte. Er war mir ein Rätsel. „Wieso hältst du es geheim?“, fragte ich. „Weil ich mich noch nicht entschieden habe.“ „Wofür entschieden?“ Matt blieb stehen und sah mich an. „Du stellst ganz schön viele Fragen, Mimi.“ Ich wurde rot. „Tut mir leid.“ Er grinste. „Schon gut. Ich habe mich noch nicht entschieden, für welche Musik mein Herz mehr brennt. Irgendwie habe ich Angst vor den Konsequenzen. Verstehst du, was ich meine?“ Er ging weiter, während ich ihm mit hämmerndem Herzen hinterher starrte. Natürlich, auch ich hatte Angst vor den Konsequenzen. Was, wenn ich mich tatsächlich in ihn verlieben würde? Kapitel 4: Hormone ------------------ Nach einem unserer vielen abendlichen Spaziergänge, waren wir im Park gelandet und hatten uns auf die Wiese gesetzt, um den Mond zu bewundern, der über dem See funkelte. Matt hatte den Kopf schief gelegt und musterte mich. „Woran denkst du gerade?“ „Äh…“ Ich schüttelte den Kopf. „Ich habe daran gedacht, was du neulich gesagt hast.“ Prompt wich er meinem Blick aus. So war er schon immer… Machte alles lieber mit sich allein aus. Aber er drehte sich im Kreis. Er schob das Unvermeidliche vor sich her. Er konnte nicht ewig zwei Leben führen, dafür liebte er die Musik viel zu sehr. „Warum machst du nicht einfach beides? Klassik und Rock?“, warf ich ein, als wäre diese Idee genauso einfach wie logisch. Matt zischte. „Meinst du, daran hätte ich nicht auch schon gedacht?“ „Was hindert dich daran?“ „Die Fans würden es nicht verstehen“, seufzte er. „Ich würde plötzlich eine Sparte bedienen, die nicht in mein Rocker-Image passt. Wenn es schief geht, ruiniert das meine Karriere.“ „Also ist dir dein Ruhm wichtiger als deinem Herzen zu folgen?“ „Das ist nicht so einfach…“ „Doch ist es!“ „Verdammt, Mimi“, schrie er mich plötzlich an, nur um im nächsten Moment zu mir rum zu wirbeln und seine Lippen auf meine zu pressen. Sein Kuss war süß, verlangend und brachte meine Hormone in Wallung. Spätestens jetzt hätte ich mich hoffnungslos in ihn verliebt. Als er sich von mir löste, grinste ich wie ein Honigkuchenpferd. Belustigt sah Matt mich an. „Was ist? Ich habe dich nur geküsst, damit du endlich still bist.“ Mein Grinsen wurde noch breiter. „Schon klar. Red dir das ruhig ein. Aber ich bewege etwas in dir und du kannst es jetzt nicht mehr leugnen.“ Seine Antwort folgte auf der Stelle, denn er küsste mich an diesem Abend wieder und wieder und wieder… Kapitel 5: Trennung ------------------- Alles hatte sich verändert… Inzwischen waren wir uns nähergekommen, als wir es sollten und ich fragte mich, was das für uns bedeutete. Wir waren nicht nur Freunde, aber auch kein Paar. „Du bist heute mit deinen Gedanken ganz woanders“, sagte ich, während wir nackt und eng umschlungen in meinem Bett lagen. „Mmh?“ Er sah mich unverwandt an. Matt war immer so geheimnisvoll. Nie ließ er mich erahnen, was er dachte, geschweige denn was er fühlte. „Sag mir, was dir durch den Kopf geht“, forderte ich ihn ruhig auf und er seufzte. „Ich habe ein sehr gutes Angebot aus Amerika bekommen. Sie wollen dort mit mir ein neues Album aufnehmen und mich auf Tour schicken. Ich habe noch mal diese Idee vorgeschlagen, dass ich meine Musik gerne mit der Klassik verbinden möchte. Sie fanden es nicht schlecht und denken, es könnte ein Erfolg werden.“ „Wow“, hauchte ich und war sprachlos. „Das ist toll. Wirst du annehmen?“ „Ich denke schon, es war immer mein Traum. Aber… ich wäre lange weg.“ Dieser Satz versetzte mir einen Stich ins Herz. Ich wusste, unsere wilde Reise würde irgendwann ein Ende haben. Trotzdem war ich noch nicht bereit dafür. „Vielleicht… wenn du mitkommen würdest… Ich könnte eine Pianistin gebrauchen.“ Ich stutzte. „Das kann ich doch nicht einfach machen.“ „Warum nicht?“ Ich fuhr mit den Fingern durch sein Haar. „Matt… ich kann meinen Traum nicht aufgeben, damit du deinen leben kannst. Das wäre selbstzerstörerisch.« Matt vergrub das Gesicht in meiner Halsbeuge und seufzte schwer. „Ich werde dich vermissen. Ehrlich, Mimi.“ Es kostete mich alle Mühe meine Tränen zurückzuhalten. Das war das erste Mal, dass er mir seine Gefühle offenbarte. Ich wäre gern egoistisch gewesen. Hätte ihm gesagt, dass ich nicht wollte, dass er fortging. Aber ich wusste, wenn er seinen Traum leben wollte, mussten wir uns trennen. Kapitel 6: Erinnerungen ----------------------- Neulich habe ich Matt im Fernsehen gesehen. Das war irgendwie komisch. Es war nicht das erste Mal, dass er, seit er Tokio vor zwei Jahren verlassen hat, in den Medien war. Aber bis jetzt bin ich dem Rummel um seine Person eher aus dem Weg gegangen. Denn obwohl das mit uns schon so lange her war, dachte ich immer noch oft an ihn und bekam weiche Knie, wenn sein Foto in der Zeitung abgelichtet war. Sein neues Album landete prompt in den Charts und er ging wie geplant auf Tour, wohingegen mein Leben ganz anders verlief. Neben dem Orchester, das ich immer noch liebte, spielte ich nebenbei abends in einer kleinen Bar als Solokünstlerin. Es machte mir Spaß und irgendwie fühlte ich mich ihm dadurch ein Stückchen näher. Jedes Mal, wenn meine Finger die Tasten berührten, fühlte es sich an, als würde er noch immer mit der Gitarre neben mir sitzen und spielen. An diesem Abend, bei einer meiner Soloauftritte, war dieses Gefühl besonders stark. Als wäre er da… Während ich spielte und dabei sang, hob ich meinen Kopf, um zu sehen, woher dieses Gefühl kam. Ich ließ meinen Blick über die beschauliche Anzahl an Zuschauern schweifen, bis ich genau an einer einzigen Person hängen blieb, die jede meiner Bewegungen zu beobachten schien. „… Tell my love to wreck it all Cut out all the ropes and let me fall…“ Nein, das konnte nicht sein… Mein Herz stolperte. Ich verspielte mich genau um eine Note, als zwei blaue Augen mich aus der Fassung brachten und sogleich sämtliche Erinnerungen an uns wieder da waren. Ich beendete den Song und wagte es nicht, den Kopf noch einmal zu heben. Ihn noch einmal anzusehen. Meine Hände zitterten, als die Gäste applaudierten, ich mich erhob und ohne eine Verabschiedung durch die Hintertür der Bar flüchtete. Kapitel 7: Regenbogen --------------------- Ich sprang in das nächste Taxi, dass an der Straße anhielt. Scheiße, was ist mit dir los, Mimi? Doch ich hatte keine Zeit weiter darüber nachzudenken, denn die Hintertür des Taxis öffnete sich und Matt setzte sich zu mir auf die Rückbank. Mir stockte der Atem. Wenn das mal kein verdammtes Déjà-vu war. „Willst du schon wieder ohne mich wegfahren?“ Meine Antwort war das Knallen der Autotür, die ich hinter mir zuwarf. Was machte ich hier eigentlich? Ich rannte vor ihm weg wie ein kleines Kind. „Mimi, warte!“ Ich wirbelte zu Matt herum, der mir natürlich gefolgt war. „Warum bist du hier, Matt?“ „Wow, du kommst gleich zur Sache.“ Seine Stimme war rau und wie schon damals ging sie mir direkt unter die Haut. Ich schnaufte. „Ich… ich musste dich sehen.“ Er suchte meinen Blick, aber ich konnte ihn nicht erwidern. Es tat weh, ihn zu sehen. Als ich nicht reagierte, seufzte Matt. „Wusstest du, dass es einen Mondregenbogen gibt?“ Ich starrte ihn an. „Was?“ Er grinste. „Ein Regenbogen, der nur bei Nacht erscheint. Er wird durch das Licht des Mondes gebildet und ist sehr selten. Ich habe einen in L.A. gesehen und musste an dich denken und an all die wunderschönen Farben, die du in mein Leben gebracht hast.“ Mein Herz begann wild zu schlagen. Was wollte er mir damit sagen? „Ohne dich…“ Er kam einen Schritt auf mich zu. „… ist alles nur grau. Du hast mich ermutigt, meinen Traum zu leben, aber ohne dich, ist das alles nichts wert.“ Er griff nach meiner Hand und diesmal wich ich nicht zurück. „Ich brauche dich, Mimi.“ Ich senkte den Blick. „Ich kann dich nicht noch mal gehen lassen, das packe ich nicht.“ Er lächelte und beugte sich zu mir. „Das musst du auch nicht. Diesmal bleibe ich bei dir.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)